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24.07.2017

Neuer Rahmenlehrplan für die Physiotherapie-Ausbildung in Rheinland-Pfalz an das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Demografie (MSAGD) überreicht

Ein Jahr lang hat ein Expertengremium im Auftrag des Ministeriums unter Federführung der Katholischen Hochschule Mainz gemeinsam eine neue Grundlage für die Physiotherapie-Ausbildung in Rheinland-Pfalz erarbeitet. Herausgekommen ist ein Curriculum „das sich sehen lassen kann“, so das Urteil von Thomas Wecker, Leiter des Bildungscampus am KKM und gleichzeitig Vorsitzender des Verbandes der rheinland-pfälzischen Physiotherapieschulen.

Erarbeitet wurde der neue Rahmenlehrplan von einer Kommission, die sich aus VertreterInnen der Physiotherapieschulen, Krankenhäuser und Krankenhausgesellschaft, Berufsverbände Physiotherapie, Krankenkassen und weiterer medizinischer Einrichtungen sowie dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung zusammensetzte.

"Der Lehrplankommission ist nach anfänglichen Startschwierigkeiten inhaltlich ein großer Wurf gelungen", so das Fazit von Thomas Wecker.  "Physio-Deutschland schaut auf Rheinland-Pfalz. Dass das Bundesland hierbei eine Vorreiterrolle einnehme, ist nicht zuletzt dem Ministerium zu verdanken. Dieses hat die Arbeit nicht in die Hände einzelner Experten gelegt, sondern hat alle Beteiligten des Berufsfeldes an einem Tisch versammelt. Außergewöhnlich ist, dass die Lehrplankommission explizite inhaltliche Vorgaben auch für die praktische Ausbildung erarbeitet hat." Allerdings dürfe das Ministerium seine Arbeit nicht mit der Verabschiedung des Rahmenlehrplans beenden, sondern müsse auch die Umsetzung in die Praxis begleiten, so Wecker weiter. Denn für die PT-Schulen und ihre Lehrkräfte fange die eigentliche Arbeit damit erst an, schließlich werde die Ausbildung der angehenden Physiotherapeuten "vom Kopf auf die Füße gestellt".


Die Lehrplankommission

In ihrer Funktion als Vorsitzende der Lehrplankommission überreichte Prof. Dr. Schewior-Popp den Entwurf an MSAGD-Staatssekretär David Langner. Langner zeigte sich sehr erfreut darüber, dass damit die Grundlage geschaffen sei, für das mittlerweile in die Jahre gekommene Gesetz über die Ausübung der Berufe in der Physiotherapie und die entsprechende Ausbildungsordnung aus dem Jahr 1994 eine neue Umsetzungsgrundlage zu schaffen. Notwendig ist dies einerseits mit Blick auf fachliche Veränderungen geworden. Aufgrund der demografischen Entwicklung und der damit einhergehenden Multimorbidität von PatientInnen werden Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten immer häufiger zur Behandlung von älteren chronisch kranken Menschen hinzugezogen. Gleichzeitig gewinnen eine sektorenübergreifende Gesundheitsversorgung und die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Physiotherapie mit anderen Gesundheitsberufen weiter an Bedeutung. Clinical Reasoning, Evidenzbasierung oder die International Classification of Functioning Disability and Health (ICF) zählen zwischenzeitlich zu den anerkannten Qualitätsstandards der Disziplin; das "alte" Physiotherapiegesetz trägt diesen jedoch keine Rechnung. Aber auch aus fachdidaktischer Sicht ist eine Aktualisierung dringend geboten gewesen, erklärte Prof. Schewior-Popp weiter. Deshalb ist die Lehrplankommission den Empfehlungen zur Implementierung des Lernfeldkonzeptes in der beruflichen Bildung (2011) gefolgt. Während die Physiotherapieausbildung bisher streng nach Fächern strukturiert sei, stünden künftig Handlungsorientierung und Kompetenzvermittlung im Mittelpunkt. Die für die Berufsausübung erforderlichen Kompetenzen werden zukünftig auf der Grundlage konkreter beruflicher Problemstellungen erlernt. Ziel sei die Vermittlung einer umfassenden professionellen Handlungskompetenz. Das entwickelte Curriculum verfügt über eine modularisierte Struktur für alle drei Ausbildungsjahre.

Schulleiter Thomas Wecker im Unterricht

Doch gibt es noch einige Hürden auf dem Weg in die Realisierung zu überwinden. Dazu zählt insbesondere die Umsetzung der praktischen Ausbildung. Einhellig empfiehlt die Lehrplankommission (mit Ausnahme der Kostenträger) die Zahl der strukturierten und dokumentierten Praxisanleitungsstunden für jeden Auszubildenden mit 320 Stunden festzulegen. Das entspricht einer Quote von 20% der 1600 Stunden, die für die praktische Ausbildung vorgeschrieben sind. Dazu Thomas Wecker: "Für uns war von Anfang klar, dass eine qualitative Verbesserung der Ausbildung in erster Linie über eine Verbesserung der praktischen Ausbildung erfolgen kann!"  Diese ist im alten Berufsgesetz bekanntermaßen kaum geregelt, bewegt sich in rechtlichen Grauzonen und wird in den Schulen sehr different umgesetzt. "Fußball spielen lernt man nun mal auf dem Feld und nicht in der Kabine oder an der Lehrtafel und das gilt auch für die Therapie am Patienten. Dazu braucht es auch entsprechend qualifizierte Praxisanleiter, wie es sie in der Pflege ja schon lange gibt! Ich weiß, dass das nicht überall gern gehört wird, da es mit Kosten verbunden ist. Aber das, was wir hier verlangen ist nicht unverschämt oder ungebührlich. Letztendlich ist es eine notwendige Maßnahme zur Verbesserung, Vereinheitlichung der Ausbildung hier in RLP, trägt zur Patientensicherheit bei und sorgt dafür, dass die Abbruchquote in, aber auch nach der Ausbildung reduziert wird", erläutert Wecker.


In diesem Veränderungsprozess müssen die Schulen und Lehrkräfte fachlich-didaktisch unterstützt und weitergebildet werden, formulierte Renate Bauder-Maenner, Leiterin der Physiotherapieausbildung (PT-Akademie) an der BG-Klinik Ludwigshafen, ihre dringende Bitte an das Ministerium. Darüber hinaus ist es nötig, schnellstmöglich die Regelungen für die Abschlussprüfungen der neuen Ausbildungsordnung anzupassen, damit Lehrende und Lernende von Anfang an wüssten, was auf sie zukomme. Dazu Thomas Wecker "Man kann am Ende einer Fußball-WM keine Entscheidung durch ein 7m Werfen wie im Handball herbeiführen. Daher muss in den kommenden Monaten - und zwar bevor die Umsetzung in den Schulen erfolgt, in einer AG die zukünftige Prüfungssystematik geklärt werden!" Gerade mit Blick auf den Fachkräftemangel in der Physiotherapie sei es geboten, schnell für Kohärenz von Ausbildung und Prüfungsvorgaben zu sorgen, um die ohnehin schwierigen Rahmenbedingungen des Berufs nicht weiter zu verschlechtern. Neben rückläufigen Auszubildendenzahlen ist eine weitere Folge dieser Rahmenbedingungen, dass die frisch ausgebildeten PhysiotherapeutInnen oft gar nicht in ihrem eigentlichen Berufsfeld ankommen oder bereits nach kurzer Praxiserfahrung wieder aussteigen. Dr. Ulrich Betz, Leiter des Instituts für Physikalische Therapie, Prävention und Rehabilitation der Universitätsmedizin Mainz, bestätigt diese Erfahrung auch für sein Haus. Angesichts der inhaltlichen Breite und Tiefe der Physiotherapie, die von den Fachschulen in drei Jahren kaum vermittelt werden könne, warb er deshalb auch für eine fortschreitende Akademisierung des Berufsfeldes, was gleichzeitig die gesellschaftliche und monetäre Anerkennung der Disziplin steigern könne. Dem stimmt Thomas Wecker zu: "Der neue Rahmenlehrplan ist nur ein Mosaikstein in dem nötigen Veränderungsprozess in diesem schönen und wichtigen Beruf in der Gesundheitsversorgung der Menschen. Weitere Schritte sind Voraussetzung - sowohl in der Umsetzung der neuen Unterrichtskonzeption als auch in den beruflichen Rahmenbedingungen selbst!"

 
 

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