04.08.2016
ein interprofessionelles Schülerprojekt des Bildungscampus Koblenz
Laryngektomie - was bedeutet das?
Unter dem Begriff "Laryngektomie" versteht man die chirurgische Entfernung des Kehlkopfes. In der Regel stellt eine bösartige Krebserkrankung im Kehlkopfbereich den Grund für diesen radikalen operativen Eingriff dar.
Was bedeutet ein Leben ohne Kehlkopf für die betroffenen Menschen?
Für kehlkopflose Menschen ändert sich nach deren Operation zunächst einmal "Alles". Statt wie bisher durch die Nase, atmen sie nun durch eine operativ geschaffene Öffnung im Hals, das sogenannte Tracheostoma. Nach der OP funktionieren beispielsweise Riechen, Schmecken, Pusten, Schnäuzen und Pfeifen nicht mehr. Für viele Patienten besonders schlimm: mit dem Kehlkopf wurden auch die Stimmlippen entfernt, die für die Produktion der Stimme verantwortlich sind. Ein Sprechen im herkömmlichen Sinne ist nach der OP folglich nicht mehr möglich.
Kann man kehlkopflosen Menschen deren Stimme zurückgeben?
Was sich nach einem sehr gewagten Vorhaben anhören mag, stellt dank gegenwärtiger chirurgischer und therapeutischer Möglichkeiten heutzutage ein durchaus realistisches Vorhaben dar.
Im Januar dieses Jahres standen die SchülerInnen des Oberkurses der Schule für Logopädie und des Mittelkurses der Schule für Physiotherapie vor eben dieser Aufgabenstellung. Im Rahmen der Projekt-woche behandelten sie insgesamt 9 SeminarteilnehmerInnen, deren Kehlkopf im Rahmen der Therapie ihrer Krebserkrankung entfernt werden musste.
Wie kann man sich ein
"Intensiv-Stimme-Seminar" für Menschen ohne Kehlkopf vorstellen?
Primäres
Ziel des Seminars war es, den TeilnehmerInnen in relativ kurzer Zeit stimmliche
Fortschritte zu ermöglichen und deren Kommunikationsfähigkeit entscheidend und
nachhaltig zu verbessern. Zu diesem Zweck erhielt jeder Patient im Rahmen der
Projektwoche rund 10 Stunden logopädische Intensiv-Therapie durch die
Logopädieschülerinnen. Die hohe fachliche und therapeutische Qualität der
Therapien wurde durch tägliche Supervision und Fallbesprechungen von einem
spezialisierten Supervisorenteam (ITF-Institut, Köln) sichergestellt.
Mit
der Entfernung des Kehlkopfes und der durchgeführten Strahlentherapie gehen in
der Regel massive Schmerzen, Verspannungen und Bewegungseinschränkungen im
Kopf-, Schulter- und Nackenbereich einher. Um angesichts dessen stimmliche
Erfolge erzielen zu können, bilden Lockerungs-, Dehn- und Atemübungen innerhalb
der logopädischen Therapie stets die therapeutische Arbeitsgrundlage. Eine
Besonderheit an unserem Seminarkonzept besteht darin, dass für diese Therapiebereiche
auf die fachliche Kompetenz der SchülerInnen der Schule für Physiotherapie zurückgegriffen
werden konnte. Diese leiteten die PatientInnen gezielt an und vermittelten ein
breites Repertoire an Übungen und Lösungsansätzen zur Therapie und Prophylaxe
muskulärer Verspannungen. Die Kombination von logopädischem und physiotherapeutischem
Know-How zeigte sich als außerordentlich effizient und ermöglichte den
PatientInnen sehr gute Therapieerfolge.
Wie kam das Seminar bei den TeilnehmerInnen an?
Um
es in einem Satz zu beschreiben: die positive Resonanz war überwältigend!
Sämtliche
TeilnehmerInnen konnten Ihre zu Beginn der Seminarwoche gesteckten Ziele
deutlich übertreffen: einige TeilnehmerInnen trauen sich seit der Seminarwoche
-nach Monaten öffentlichen Schweigens- erstmals, etwas in der Öffentlichkeit
(z.B. beim Bäcker) zu sagen, andere sprechen deutlicher und lauter und mit mehr
Selbstbewusstsein, selbst die TeilnehmerInnen, die bereits zu Beginn der Woche
mit ihrer Stimme relativ zufrieden waren, bemerkten, dass sie nun wesentlich
länger und lockerer mit gut verständlicher Stimme sprechen können.
In
der Abschlussrunde des Seminars flossen Freudentränen und es wurden viele Worte
des Dankes an alle beteiligten TherapeutInnen und Supervisoren sowie den
Schirmherren der Veranstaltung, Herrn Prof. Dr. Maurer gerichtet. Die
einhellige Forderung aller TeilnehmerInnen: dieses Seminar muss im kommenden
Jahr wiederholt werden.